Klinker komplett für Drei-Kronen-Hof

TUTTLINGEN – „Sie müssen sich keine Sorgen machen. Wir wissen, was wir tun“ – gewohnt selbstbewusst geht die Tuttlinger Wohnbau unter Geschäftsführer Horst Riess in das kommende Jahr. Die Aussage machte Riess am Montagabend in der Sitzung des Tuttlinger Gemeinderats in Bezug auf die Vorhaben seines Unternehmens – und eins steht momentan besonders im Fokus.

Beim Drei-Kronen-Hof soll es 2022 in die Vollen gehen. Eine große Wohn- und Geschäftshausbebauung mit drei Gebäuden ist dort, zwischen Oberer Vorstadt, Schützenstraße und Katharinenstraße, vorgesehen, unter anderem mit Gastronomie. Nur: Sollen diese Gebäude alle rundherum eine Ziegelfassade – auch als Klinker bekannt – erhalten?

In der Essenz geht es ums Geld. Die Wohnbau würde laut Riess zwischen 650 000 und 700 000 Euro einsparen, wenn die Ziegel nicht rund um alle Gebäude laufen. Auf der Innenseite, die also von der Straße nicht zu sehen ist, würde sie lieber auf eine Putzfassade umsteigen – anders als ursprünglich geplant. Angesichts steigender Baukosten käme das dem Projekt entgegen, so Riess. Letztlich müsste die Wohnbau die Kosten auf die Wohnungspreise umlegen. Bis zu 5000 Euro pro Quadratemeter sind im Gespräch. Nachfolgend würden auch die Mieten im Drei-Kronen-Hof steigen, so Riess: „Das wären dann 350 bis 400 Euro mehr Miete im Jahr – das beschließen Sie dann mit.“

Die Stadträte waren wenig beeindruckt. Eine halbe Ziegelfassade, diese Idee gefiel etwa Franz Schilling (CDU) gar nicht: „Entweder alles oder nix“, forderte er. Zudem ging es um die Beständigkeit der unterschiedlichen Fassaden. Ja, eine Putzfassade müsse regelmäßig gestrichen und erneuert werden, sprang Erster Bürgermeister Emil Buschle der Wohnbau bei, „aber auch eine Klinkerfassade muss gewaschen und neu versiegelt werden“. Stadtrat Michael Wolf (Freie Wähler) hielt dagegen, dass aus seiner Erfahrung als Bauingenieur die Klinkerfassade in der Regel weniger pflegeintensiv sei als die Putzfassade. Ziegel hätten zudem einen Dämmeffekt.

21 Mitglieder des Gemeinderats, und damit eine Mehrheit, stimmten schließlich für die Ringsum-Lösung mit Klinker. Für Wohnbau-Geschäftsführer Riess eine klare Ansage: „Wir werden einen Teufel tun, gegen Gemeinderatsbeschlüsse zu agieren“, sagte er unserer Zeitung am Dienstag, „wir werden die Fassade bauen.“ Dass er nicht ganz glücklich über die Entscheidung war, verheimlichte er nicht. Sie rechtlich anzufechten, diesen Weg wolle er aber auf keinen Fall gehen. „Auf dem Bau ist man vieles gewohnt, das ist halt so“, sagte Riess.

Auch abgesehen vom Drei-Kronen-Hof steht bei der Wohnbau eine Menge an. Je zwei Mehrfamilienhäuser an der Bodenseestraße und an der Katharinenstraße sind bald fertig. Eines an der Bodenseestraße wird vermietet, im anderen sind alle Wohnungen bereits verkauft, auch an der Katharinenstraße sind nur noch einzelne auf dem Markt.

Daneben kommen die Pläne für 26 Einfamilienhäuser in der Möhringer Vorstadt voran. Verkaufsstart ist im Januar 2022, bis Ende 2023 sollen sie fertig sein. Und die Wohnbau plant eine neue Nendinger Ortsmitte und eine Bebauung hinter dem Kronen-Areal in Möhringen.

Was am Montag außerdem bekannt wurde: Die Wohnbau will erneut in Gastronomie investieren. Offenbar verhandelt sie über den Kauf des Gebäudes an der Oberen Hauptstraße, in dem sich das Gasthaus „Engel“ befindet – „wir sind handelseinig“, sagte Riess in der Sitzung auf Nachfrage von Hans-Peter Bensch (FDP), noch fehlten aber die notwendigen Unterschriften. Generell hätte die Wohnbau in den letzten Jahren viel in die Gastronomie in der Innenstadt investiert und wolle das auch weiter tun, so Riess. In der Pandemie habe die Wohnbau den Wirten teilweise Mieten gestundet. Die Ausfälle seien aber weit weniger schlimm gewesen als erwartet, so Riess, die Gastronomen hätten die Stundungen wieder aufgeholt.

Für die Vorhaben wird sich die Wohnbau 2022 vergleichsweise hoch verschulden. Darlehen in Höhe von 22,6 Millionen Euro sind geplant. Es gehe dabei aber oft um Zwischenfinanzierungen, sagte Riess. Das Geld komme durch Verkäufe wieder rein.

Quelle: www.schwaebische.de, Artikel vom 15.12.2021